Atopische Dermatitis – was ist das?

Atopie beschreibt die genetische Veranlagung eines Menschen zu Allergien. Die Überreaktion des Immunsystems auf natürliche oder künstliche Stoffe zeigt sich in einer vermehrten Bildung von Antikörpern des Typs Immunglobin-E (IgE).
Dermatitis wird in der Dermatologie eine Entzündung der obersten Hautschichten genannt. Sie geht häufig mit Beschwerden wie Rötungen, juckendem Ausschlag, wunden Stellen, Schuppen- und Krustenbildung einher.
Atopische Dermatitis ist also eine erblich bedingte, chronische Hautkrankheit, die in Schüben verläuft. Die Haut als Organ und das Immunsystem erfüllen ihre Barriere-Funktion nicht mehr optimal. Meist ist die Haut trocken und neigt zu juckenden Ekzemen. Oft zeigt sich die Krankheit bei Personen und innerhalb von Familien, in denen Heuschnupfen und Asthma auftreten. Die Reaktion der Haut als Körperorgan auf Umweltfaktoren ist normal. Bei atopischer Dermatitis erfolgt jedoch eine deutliche, dem Auslöser nicht mehr angemessene Überreaktion. Schwere Verläufe der Erkrankung können systemisch werden, d. h. den gesamten Organismus betreffen.
Allergien können, müssen aber nicht atopisch sein. Ebenso bringt nicht jede Atopie allergische Reaktionen hervor - auch wenn die Wahrscheinlichkeit hierfür erhöht ist.

Atopische Dermatitis, atopisches Ekzem oder Neurodermitis?

Für atopische Dermatitis werden verschiedene Bezeichnungen synonym gebraucht, darunter atopisches Ekzem oder Neurodermitis. Irreführend ist die Bezeichnung Neurodermitis: Sie geht auf die ursprüngliche, aber fälschliche Annahme zurück, Ursache der Hauterkrankung sei eine Nervenentzündung. Dem ist nicht so.

Atopische Dermatitis: Symptome erkennen

Die Haut von Menschen mit atopischem Ekzem ist an den entsprechenden Hautpartien sehr trocken, oft schuppig und von einem roten, juckenden, manchmal auch nässenden Ausschlag bedeckt. Kommt es an diesen Stellen zu Entzündungen, bilden sich schlecht heilende Krusten.
Kratzen und Reiben führt in einem fortgeschrittenen Stadium der Krankheit zu rauer, verdickter und lederartig wirkender Haut.
Je nach Lebensalter entwickeln sich Ekzem Symptome an verschiedenen Körperpartien: Bei Babys zeigen sich die betroffenen Hautstellen eher am Kopf und im Gesicht, manchmal auch am Körper. Im Kindesalter treten Ekzeme vor allem in den Kniekehlen und den Ellenbogenbeugen auf. Erwachsene leiden vor allem unter Ausschlägen an den Händen, an Hals und Dekolleté und im Nacken.

Atopische Dermatitis kann die Psyche belasten

Das häufig stärkste Symptom der atopischen Dermatitis ist ein intensiver Juckreiz. Er kann die Schlafqualität beeinträchtigen und zu dauerhaftem Mangel an erholsamem Schlaf führen. Folge: Die Leistungsfähigkeit im Privat- und Berufsleben leidet. Hautentzündungen können sich zwar an verschiedenen Körperstellen zeigen, meist sind aber die sichtbaren Bereiche im Gesicht, an den Händen und Armen betroffen. Viele Erkrankte fühlen sich unwohl in ihrer Haut und empfinden ihre Krankheit regelrecht als Stigma. Kinder und Jugendliche fühlen sich in der ohnehin schwierigen Phase des Heranwachsens durch die Hautkrankheit oftmals ausgegrenzt. Ein stark empfundener Verlust an Lebensqualität kann zu depressiven Leiden führen. Umso wichtiger ist es, mit einer abgestimmten Ekzem Behandlung die Leiden weitgehend zu mildern.

Atopisches Ekzem: Ursachen für die Krankheit

Ohne genetische Prädisposition entsteht keine atopische Dermatitis. Sie zeigt sich vor allem in der Mutation von Genen, die für Barriere- und Immunfunktionen der Haut verantwortlich sind, z. B. dem Filaggrin-Gen. Folgende Faktoren begünstigen Schübe:
  • Allergene Lebensmittel (z. B. Erd- und Cashewnüsse, Soja, Weizen, Milch, Ei, Fisch und Krustentiere),
  • Inhallationsallergene (Pollen, Hautschuppen, Hausstaubmilben oder Schimmelpilze),
  • Kontaktallergene wie Schmuck oder Kosmetika aus bestimmten Materialien oder Inhaltsstoffen,
  • reibende und zu eng anliegende Kleidung,
  • Schweiß,
  • starke Temperaturschwankungen,
  • Kolonisation bestimmter Mikrobakterien auf der Haut, wie z. B. Staphylokokken (vor allem des Staphylococcus aureus).
  • Stress kann Symptome verstärken oder Schübe auslösen.
Auffallend ist die Verschiedenheit auslösender Allergene in den jeweiligen Lebensphasen:
Kinder leiden häufiger als Erwachsene unter Nahrungsmittelallergien, während diese eher auf Kontakt- und Aeroallergene, wie z. B. Emulgatoren, Duftstoffe, Hausstaubmilben oder Pollen reagieren.

Wie atopische Ekzeme diagnostiziert werden

Eine zweifelsfreie Bestimmung des atopischen Ekzems ist nicht per Labortest möglich. Verschiedene Tests, wie z. B. der Pricktest, der Radio-Allergo-Sorbent-Test (RAST) oder der Patch-Test können aber Allergene ermitteln, auf die der Körper reagiert:

Die Diagnose erfolgt dann anhand erkennbarer Symptome und Beschwerden des Patienten und dem Ausschluss weiterer Hautkrankheiten, die ähnliche Befunde aufweisen können. Dazu zählen z. B. Schuppenflechte oder seborrhoische Dermatitis. Folgende Kriterien dienen als spezifische Anhaltspunkte für atopische Dermatitis:
  • In der Familie aufgetretene Fälle der Erkrankung oder anderer Allergien,
  • Betroffenheit bestimmter Körperpartien,
  • Abwesenheit weißlich-glänzender, dicker Schuppen wie bei Psoriasis,
  • Auftreten von Symptomen abseits der bei seborrhoischer Dermatitis typischen Stellen wie den Nasolabialfalten, Augenbrauen, Glabella und Kopfhaut,
  • Juckende Ausschläge in Kniekehlen und Ellenbogenbeuge, wie sie beim nummulären Ekzem nicht vorkommen.
Der Schweregrad der atopischen Dermatitis wird in Europa anhand des SCORAD (Severity Scoring of atopic dermatitis) eingestuft. Kriterien sind die Größe der betroffenen Hautareale sowie Intensität und Qualität von Rötungen und Ausschlägen. Aber auch das subjektive Empfinden des Juckreizes und Leiden unter weiteren Faktoren, wie z. B. Schlaflosigkeit werden bei der Beurteilung mit einbezogen.

Zivilisationskrankheit atopische Dermatitis: Prognose

Die Zahl der Erkrankungen nimmt zu – vor allem in Industrieländern und dort in erster Linie im städtischen Lebensbereich. Oft zeigen sich Symptome bereits im Säuglingsalter, in den meisten Fällen jedoch spätestens bis zum 5. Lebensjahr. Nicht bewiesen ist die gelegentlich angeführte Hygienethese: Sie geht davon aus, übertriebene Hygiene und fehlender Kontakt zu Infektionserregern fördere immunologische Fehlentwicklungen im Kindesalter. In Deutschland waren nach einer Erhebung des Robert-Koch-Instituts zwischen 2014 und 2017 etwa 14% aller Kinder und 1-3% der Erwachsenen am atopischen Ekzem erkrankt. Hoffnung macht, dass in der Kindheit auftretende Symptome sich später deutlich abmildern oder sogar ganz verschwinden. Bis zum frühen Erwachsenenalter sind etwa 60% der Erkrankten wieder beschwerdefrei. Dies trifft vor allem auf Betroffene ohne gravierende Verläufe oder weitere atopische Erkrankungen zu. Vereinzelt kehrt die atopische Dermatitis im Erwachsenenalter zurück, selten zeigt sie sich dann erstmalig.

Mögliche Komplikationen bei atopischen Ekzemen

Atopische Dermatitis ist eine chronische Krankheit. Mit belastenden Symptomen müssen und sollten sich Betroffene aber nicht abfinden. Die Linderung des Juckreizes und der Hauttrockenheit verbessert die Lebensqualität und mindert das Risiko von Komplikationen, die sich bei schweren Ausprägungen atopischer Ekzeme entwickeln können. Dazu zählen:
  • Bakterielle Superinfektion – häufig mit Staphylokokken (deren Anzahl auf der dermitischen Haut meist ohnehin erhöht ist) und Streptokokken.
  • Zellulitis beschreibt eine bakterielle Infektion der Haut und Unterhaut, die sich durch Rötungen, Wärmeentwicklung und Ödeme manifestiert.
  • Virusinfektion Ekzem herpeticatum: Bläschen sind hier oft gruppenförmig angeordnet. Manchmal schwellen die Lymphknoten an und hohes Fieber tritt auf. Sind die Augen involviert, können Hornhautschäden entstehen. Die Infektion kann systemisch (auf den ganzen Organismus übergreifend) und damit lebensbedrohlich werden.
  • Erythrodermie – früher auch als exfoliative Dermitis bezeichnet. Diese schwere Entzündung betrifft große Hautflächen und kann Folgeerscheinung verschiedener Hauterkrankungen sein – auch der atopischen Dermatitis.
Bakterielle Infektionen werden mit antientzündlichen Antibiotika behandelt. In schweren Fällen wird eventuell eine stationäre Behandlung notwendig.

Atopisches Ekzem behandeln: Diese Therapien helfen

Eine erfolgreiche Therapie basiert auf mehreren Ansätzen, die – je nach akutem Zustand – angewandt werden. Hauptziel ist die Reduzierung des Juckreizes, da von ihm die größte Beeinträchtigung des Wohlbefindens ausgeht. Die Maßnahmen konsequent einzuhalten, lohnt sich: So kann die Krankheit weitgehend kontrolliert werden und eine hohe Lebensqualität ist möglich.

1. Herausfinden und Meiden der individuellen Schub-Auslöser

Diese Maßnahme trägt dazu bei, symptomfreie Zeiten zu verlängern oder die Krankheit sogar weitgehend zu kontrollieren.

2. Hautpflege zur Linderung der Symptome

Die ekzematöse Haut ist aufgrund der fehlerhaften Barrierefunktion meist sehr trocken. Die Reinigung sollte deshalb behutsam mit lauwarmem Wasser und ph-neutralen, hypoallergenen Syndets erfolgen. Konsequentes Eincremen versorgt sie mit der fehlenden Feuchtigkeit. Ureahaltige Pflegemittel können den Juckreiz lindern, bei Kleinkindern ist Glycerin eine besser verträgliche Alternative.

3. Topische Anwendung entzündungshemmender und immunregulierender Salben

Auch Kortikosteroide – die künstlich produzierte Version des körpereigenen Hormons Kortison – können in verschiedenen Konzentrationen entsprechend der Symptomatik als Creme oder Salbe aufgetragen werden. Topisch bedeutet hier, dass der Wirkstoff äußerlich und lokal eingesetzt wird. Kortikosteroide regulieren die Immunreaktion ebenso wie Calcineurin-Inhibitoren. Beide können nach entsprechender dermatologischer Beurteilung auch über den akuten Schub hinaus eingesetzt werden – so kann die Verlängerung des Intervalls zwischen den Schüben gelingen. Lassen sich Cremes aufgrund nässender Ausschläge nicht gut auftragen, kann vorübergehend mit feuchten Verbänden gearbeitet werden, den sogenannten „Wet-Wraps“.

4. Balneo-Phototherapie – Totes-Meer-Therapie

Ekzeme behandeln wir mit der wirksamen Kombination aus Sole-Bädern und UV-Licht-Bestrahlung in speziellen Wellenlängen als Ganzkörper- oder Teilbestrahlung. Im Gegensatz zu Solarien ist hier nur ein sehr eingeschränktes Spektrum an UV-Strahlen aktiv und das Hautkrebsrisiko deshalb äußerst gering.

5. Systemische Medikamententherapie bei schweren Verläufen

1. Kortikosteroide werden systemisch zur Dermatitis-Behandlung nur für kurze Zeit eingesetzt - vor allem dann, wenn eine lokale        
   Therapie nicht möglich ist. Die systemische Anwendung eines Medikaments erfolgt durch Tabletteneinnahme oder Infusion –
   Wirkung und eventuelle Nebenwirkungen betreffen daher den gesamten Organismus. Zudem droht nach Absetzen des Medikaments 
   die verstärkte Rückkehr der Symptome.
2. Zur Linderung des Juckreizes werden häufig Antihistaminika eingesetzt: Sie machen zudem schläfrig und fördern daher die    
    Nachtruhe.
3. Immunsuppressiva wie z. B. Ciclosporin in Tablettenform lindern schnell den Juckreiz, können aber systemische Nebenwirkungen wie
    erhöhten Blutdruck oder veränderte Leber- und Nierenwerte verursachen.
4. Spezifische Biologica-Therapien werden in den letzten 2-3 Jahren erfolgreich eingesetzt. Dazu gehören beispielsweise Moloklonale
    Antikörper wie Dupillumab (Dupixent) gegen die Interleukine 4 und 13 oder Tralokinumab (Adralza) gegen Interleukin 13. Vor allem
    diese Interleukine sind verantwortlich für Entzündungsreaktionen der Haut.

6. Patientenschulung

Spezielle Veranstaltungen für Kranke in verschiedenen Altersgruppen oder Eltern betroffener Kinder vermitteln wichtige Informationen zur Hautpflege und dem Umgang mit Allergenen. Sie werden z. B. von Krankenkassen oder klinischen Fachabteilungen angeboten.

Eine Immuntherapie wird vorwiegend bei Inhalationsallergenen und Reaktionen der Atemwege eingesetzt, wie z. B. bei Hausstaubmilbenallergie.

Was Sie tun können bei atopischer Dermatitis

Eindeutig bestimmte Nahrungsmittel-Allergene sollten gemieden werden – ohne eigenmächtig radikale Eliminationsdiäten durchzuführen. Wichtig ist eine fundierte, allergologische Diagnose, die von Zeit zu Zeit überprüft werden sollte: Oft werden Nahrungsmittel zu einem späteren Zeitpunkt toleriert.

Durch folgende Maßnahmen reduzieren Sie Inhalations-Allergene im Haushalt, wie z. B. Hausstaubmilben und tierische Hautschuppen:
  • Verwendung von Bettwaren und -textilien aus Kunstfasern, die stets mit möglichst hohen Temperaturen gewaschen werden sollten,
  • Vermeidung von Einrichtungsgegenständen wie Teppichen oder Polstermöbeln,
  • Nutzung von Luftfiltern (HEPA= High efficient Particulate Air) in der Schlafumgebung und den Wohnräumen,
  • Anwendung von Luftentfeuchtern in Räumen, die von Schimmelbefall bedroht sind.
Auch Rauch und Autoabgase können als Trigger fungieren.
Vermeiden Sie außerdem Kontaktallergene, wie sie beispielsweise in Kosmetika vorkommen können und physikalische Reize, die symptomverstärkend wirken. Dazu gehören:
  • Raue und eng anliegende Kleidung
  • Heiße Bäder
  • Schweiß
  • Wolle
Günstig wirkt sich auch die Vermeidung von Situationen aus, die als psychisch belastend oder stressig empfunden werden. Hier helfen Achtsamkeit und eventuell auch Entspannungstechniken wie autogenes Training oder Meditation.
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